Garantiert fußballfreie „Installation" von Manfred Schaller (Die Guten) vor dem Hauptbahnhof, als Zeichen der Solidarität mit den AEG-Beschäftigten. F: W. Bauer
Nürnberger Zeitung, 10.05.06
Nach der WM-Skulptur am Hauptmarkt:
Waschmaschinen sorgen für neuen Ärger
Ob Olaf Metzel oder Manfred Schaller, die Nürnberger machen wenig Unterschied, wenn es um Kunst im öffentlichen Raum geht. Nachdem der Nürnberger Künstler Schaller seine aus 20 alten Waschmaschinen bestehende Installation „Waschkreis" vor dem Hauptbahnhof aufgebaut hatte, schimpften schon die ersten Autofahrer. „Wollt ihr denn ganz Nürnberg verschandeln?", rief einer, „stellt euren Müll woanders ab", ein anderer.
Ein zufällig vorbeikommender in Nürnberg lebender Pole fing gleich an, die Flusensiebe aus den Waschmaschinen auszuschrauben. „Das geht ja eh alles nach Polen, da kann ich es doch gleich mitnehmen", gab er zur Begründung an.
Die Wählerinitiative „Die Guten", die die Installation als „temporäres Mahnmal" für die Nürnberger AEG gesponsort hat, musste daraufhin - ähnlich wie am Hauptmarkt - Sicherungsmaßnahmen einleiten, damit nicht noch mehr wegkommt oder das Kunstwerk möglicherweise ganz zerstört wird.
Dass „Die Guten" nur Trittbrettfahrer des „Großen Rasenstücks" sind, weist deren Stadtrat, Stephan Grosse-Grollmann, zurück. „Wir hatten schon während der Streikzeit bei AEG den Antrag gestellt", berichtet er. Aber das Gartenbauamt habe sich zunächst stur gestellt. Erst als Metzel seine alten Stadionstühle am Schönen Brunnen aufbaute, lenkte die städtische Behörde ein.Wahrscheinlich dachte man da, jetzt ist es auch schon egal, ob in Nürnberg noch weitere Schrottteile herumstehen.
vip
Nürnberger Nachrichten
-Wirtschaft-10.05.06
Reines „Profitdenken" AEG-Betriebsrat: „Nun sollen die Kranken schuld sein
NÜRNBERG - Die Arbeitnehmervertreter bei AEG haben empört auf neue Schuldzuweisungen der Geschäftsleitung reagiert.
Betriebsratschef Harald Dix sagte: „Es ist eine Schweinerei, dass die Kranken jetzt schuld sein sollen an der beschleunigten Verlagerung der Produktion nach Polen." Wie berichtet, will der Mutterkonzern Electrolux die Fertigung von Geschirrspülern und Waschmaschinen früher verlagern als bisher geplant. Statt Mitte 2007 soll nun bereits im Frühjahr nächsten Jahres Schluss sein.
Als Grund nannte Werkleiter Dieter Lange den hohen Krankenstand von über 25 Prozent. „Wir schaffen nicht, das in der Menge zu produzieren, was der Kunde haben möchte", hatte, er gesagt. Man habe handeln müssen, weil nicht einmal die nach dem Streik nach unten reduzierten Stückzahl-Planungen erreicht worden waren.
Suche nach „Sündenböcken" Momentan ist laut Dix die Aufregung bei AEG groß, es gehe zu wie im Tollhaus". Denn die Belegschaft habe nicht gewusst, dass die vorgezogene Schließung so konkret sei, sagte
Dix weiter. „Während des Streiks sollten die Streikenden schuld sein an der schnelleren Verlagerung, jetzt sind es angeblich die Kranken." Anstatt ständig „Sündenböcke" zu benennen, sollte das Management lieber sagen, was wirklich dahinterstehe - „das Profitdenken". Jeder Monat, um den der Konzern die Produktion eher abziehe, steigere er seine Profitabilität, da in Polen erheblich billiger gefertigt wird.
Als gute Sache wertete Dix dagegen, dass die Rückkehr zur 35-Stunden-Woche um zwei Monate vorgezogen wurde. Seit diesem Monat arbeitet die Fabrik wieder regulär 35 statt 30 Stunden pro Woche, und es wird entsprechend mehr Lohn gezahlt.
Eine „Kunstaktion mit politischem Hintergrund" hat derweil die Nürnberger Wählergemeinschaft „Die Guten" gestartet: Noch bis nächste Woche steht ein Kreis gebrauchter AEG-Geräte auf dem Grünstreifen vor dem Hauptbahnhof. „Nürnberg wird immer hässlicher", habe eine Passantin gesagt, berichtet „Guten"-Stadtrat Stephan Grosse-Grollmann. Ein anderer Passant habe sich gleich drangemacht, die Fusselsiebe aus den Geräten auszubauen.
ANGELA GIESE